Seite 1 von 1

China

Verfasst: Mi 7. Mär 2012, 19:14
von elfo27
TomChina hat geschrieben:Vielleicht mal ein Satz zu China (auch wenn das nicht zum Foren Thema gehört):

Glaubt nicht, was die "Tagesschau" so berichtet. Ich habe mich bereits persönlich mit Christine Adelhardt (Leiterin ARD Studio in Peking) getritten, über ihre einseite und manipulierende Berichterstattung. Sicher passt es nicht ins das bundesdeutsche Bild ... im Fernsehsessel beim Bier um 20:00 Uhr ... zu erfahren, dass die Kaufkraft eines ordentlich ausgebildeten Durchschnitts-Chinesen inzwischen DEUTLICH oberhalb der Möglichkeiten eines Bundesbürgers liegt. Zumindest in den Großstäten.

Dies war auch nicht anders zu erwarten, stiegen doch die Löhne in den letzten 20 Jahren um 10-18%.
Nicht insgesamt, sondern JEDES Jahr.
So ist es auch kein Wunder, das 30% der gesamten europäischen Automobilproduktion von Chinesen gekauft wird.
Jeden Monat werden in China mehr neue Autos zugelassen, als in DE im gesamten Jahr.
Und dies nur aus einem einzigen Grunde: Chinesen haben inzwischen genügend Geld und Vermögen!
China ist nicht nur Exportweltmeister .... sondern auch Importweltmeister.
Man kann über die chineische Regierung sagen was man will, Ergebnisse zählen.
Die meisten Chinesen sind politisch völlig desinteressiert.
Auf meine Frage hin "Fühlt ihr euch unfrei" ernte ich meist nur ein Kopfschütteln ...

Ja ja .. ich höre ja schon auf :-)
Ich gebe Dir da völlig recht: Wir (zumindest der Großteil von uns) nimmt China nur durch unsere Medien gefiltert wahr. Die wenigsten waren/sind vor Ort. Von daher finde ich deinen Bericht sehr interessant und horizonterweiternd.
Ich glaube auch gerne daß sich in China mittlerweile eine richtig (kauf-)kräftige Mittelklasse etabliert hat und auch schon einige zu richtigem Reichtum gekommen sind. Andererseits glaube ich aber auch, daß das hauptsächlich für die Städte zutrifft, und daß es auf dem Land immer noch ganz anders aussieht.
Der Reichtum allerdings kommt auch in China nicht nur vom Export; sondern da werden natürlich auch viele reich auf Kosten der eigenen Landsleute (wie in anderen Kapitalismen auch).
Wenn für alle die Einkommen in dem von Dir geschilderten Maß gestiegen wären, wie könnte China dann noch so billig produzieren? Das geht selbstverständlich nur, weil es da immer noch eine sehr große Tahl Niedriglöhner, Tagelöhner (je nach Gewerbe) gibt. Foxconn ist uns allen noch im Gedächtnis. Ich denke nicht, daß das nur ein von westlichen Medien aufgebauschtes Einzelereignis war.

Trotzdem wird - meiner Meinung nach - China technologisch und auch wirtschaftlich an uns vorbeiziehen, während hier die Besitzstandswahrer die Chinesen immer noch als blose Kopierer abtun. Ich hoffe nur, daß mit dem wirtschaftlichen Aufschwung auch ein freiheitlicher einhergeht - und zwar für die Massen und nicht nur für einige.

Ich bin weiter gespannt auf Deine Berichte. Wie lange bist Du noch vort Ort?


Gruß

Re: China

Verfasst: Mi 7. Mär 2012, 20:36
von TomChina
Wie lange bist Du noch vort Ort?
Gute Frage!

Aus meinem ursprünglich 6-monatigen Aufenthalt ist inzwischen 1 Jahr geworden und ich habe gerade meine Aufenthaltsgenehmigung um ein weiteres Jahr verlängert :-)

Ich muss aber dazu sagen, dass meine Lebensgefährtin seit Jahren eine Chinesin ist, die ein Jahrzehnt in Deutschland zugebracht hat.

Und natürlich geht es (noch) nicht allen Chinesen gut. Noch vor 30 Jahren lebten 400 Millionen Chinesen unterhalb der Armutsgrenze, viele verhungerten.
Wenn ich in meiner kleinen und einfachen Stammkneipe "um die Ecke" stehe und den Wirt (58 Jahre alt) frage, wo er zur Schule gegangen ist, kommt die Antwort nur ausweichend.
Vermutlich ist er nur 5 Jahre oder so auf eine Schule gegangen, vielleicht auch gar nicht.
Er spricht kein Chinesisch (Hochchinesisch) sondern einen Kauderwelch aus einem dieser über 500 Dialekte.

China ist in etwa so groß wie die EU und hat noch erheblich größere Unterschiede in den Regionen. Einige Provinzen sind sicher noch 30-40 Jahre zurück.
Man kann China mit dem Deutschland Ende der 50er und Anfang der 60er vergleichen ... noch nicht alles perfekt aber es brummt und brummt.

Für mich gibt es ein China I (1949-1990) mit solchen Idioten wie Mao und China II (1991-heute), dass nach den Regeln Deng Tsiao Pings arbeitet.
Gleichzeitig ist für mich China der kapitalistischte Staat der Welt.

---

Ich war heute beim Frisör.

Dauert bei mir eine ganze Stunde (mit Waschen, Massage, etc.), weil ich einen Fanatiker als Friseur habe, der Perfektion (jedenfalls bei mir) anstrebt.
Kosten: 2,00 Euro
Teurer geworden, im letzten Jahr nur 1,70 !

Armer Mann?

Nein ...

Klar, der bringt am Tag vielleicht nur etwa 20 Euro nach Hause, im Monat also 500 Euro.

Was aber sind 500 Euro in China:

- 100 Stangen Zigaretten (in DE 5000 Euro)
- 1000 Bierchen (0,5) in der Kneipe
- 710 Liter Benzin
- zweifache Miete einer 100 qm Neubau-Mietwohnung in Bestlage mit Stuckdecken, 3,40 m Raumhöhe, Einbauküche, Balkon und Fussbodenheizung
- 75% einer Shenke MBM1 (FURY, GK-183) ... in Europa 75% von 5.800 Euro
- 2500 Taxikilometer
- 75 Mal im Restaurant essen und trinken
- 2200 U-Bahnfahrkarten
- 6 Hin- und Rückflüge über etwa 1200 Flugkilometer
......

Ich denke die Kaufkraft dieser 4500 RMB (500 Euro) liegt bei etwa 3000 Euro ... dem Mann geht es also nicht wirklich schlecht.

Und "billig" produzieren kann China schon nicht mehr ... die einfachen Dinge werden längst in anderen asiatischen Ländern produziert.

Die Währungsunterschiede machen den "Unterschied".

Bislang haben die USA immer verhindert ... dass die Chinesische Währung konvertierbar, also handelbar wird.

Später mal mehr ... ich gehe jetzt ins Bett :-)

Re: China

Verfasst: Mo 16. Apr 2012, 15:31
von edmund27
Hallo !

ich bin erst seit kurzem in diesem Forum, weil ich einen chinesischen Roller fahre. Also dein Beitrag ist sehr interessant und kann Dir in einigen Gingen recht geben Dingen. Ich bin auch ein Chinakenner und seit 2008 mit einer der schönsten Frauen aus dem Reich der Mitte verheiratet. In China war ich schon 15 mal und meine Frau hat mir schon weite Teile des Landes gezeigt. Nur eins stimmt nicht, die kovertierbarkeit der chinesischen Wärung liegt nicht in der Hand der Amerikaner, sondern allein in der Hand der Chinesen. Der Yuan ist an den Dollar gekoppelt. Die Amerikaner fordern die Chinesen seit langem auf Ihre Währung auf zu werten. Nur die Chinesen ignorien das. Denn die Chinesen wollen nicht, dass gegen Ihre Währung spekuliert wird.
Was die Entwicklung Chinas angeht da hast völlig recht. Aber nochmal zu Mao, der hat auch gute Sachen gemacht. Aber sein Fehler war, er hätte 1949 abtreten müssen und die Entwicklung von China einem anderen überlassen sollen. Dann wäre China heute schon weiter. Aber das ist halt so mit den Machthabern, die wissen nie wann Ihre Zeit abgelaufen ist. Der nächste Nachfolger soll ja der Zentralbankpräsident werden. Wenn dem so ist wird es für den Westen mit seiner Schuldenpolitik schwieriger. 8-) 8-) 8-)

Re: China

Verfasst: Mi 2. Mai 2012, 05:41
von TomChina
Na ja ... China hat ja nur auf Druck der Amerikaner den Yuan überhaupt an den Dollar gekoppelt.
Und seit dem auch den Yuan gegenüber dem Dollar um 35% aufgewertet (innerhalb gut 5 Jahren).
Der Yuan gilt als eine der stabilsten "härtesten" Währungen der Welt und als investitionssicher.
China ist auch auf dem Weg zum sogenannten "Währungskorb"-System. Das heisst, dass seit 2007 auch der Euro (und andere) mit in die Festsetzung der Währungskurse einfließen.

Es gibt seit Oktober 2010 die erklärte Absicht Chinas, den Yuan zur frei konvertierbaren Währung zu machen, unter der Bedingung, dass bestimmte Handels- und Währungsbeschränkungen wegfallen und China als Handelsnation anerkannt wird (was zu erheblichen Folgen führt, etwa bei internationalen Handelsverträgen).

Die USA, die über die Weltbank noch vor wenigen Jahren mit aller Gewalt versucht haben, den Yuan als frei konvertierbare (handelbare) Währung zu verhindern, stehen dem Thema mittlerweile liberaler gegenüber, nachdem der US Dollar (wie noch vor 6 Jahren erwartet) seine Weltwährungsfunktion nicht verloren hat und klar ist, dass der Euro nie eine richtige Weltwährung werden wird.

Im übrigen finde ich klasse, dass sich China nicht von den Schuldenstaaten (allen voran Deutschland mit der höchsten Staatsverschuldung in der EU und den USA als größtem Schuldner der Welt) erpressen lassen. Da China etwa 55% der gesamten Weltwährungsreserve gehört, kann es ganz entspannt sein.

Noch zum Forenthema

In China sind auch größere Rundfahrten mit eRollern möglich.

Ich war die letzten 2 Wochen in meiner "Provinz" unterwegs und habe rund 1000 km zurückgelegt.

Wir hatten Tagesetappen von 100 km.

Sind also am späten Vormittag los, haben nach 50 km in einem netten Biergarten oder was auch immer 2 Stunden Rast gemacht (und die Roller nachgeladen) und sind dann weitere 50 km gefahren.
Roller kann man in China im Grunde an jeder Strassenecke nachladen (für 1 Yuan = 0,08 Euro).

Verlässt man die großen Städte und schaut sich die "Dörfer" an, kann man erschaudern, aber auch überrascht sein.
Ich denke wir haben viel vom "richtigen" China gesehen ... und auch das Preisnivau hat uns nochmals erschreckt.

2,5 Yuan für 0,5 Ltr Bier in der Kneipe kann man schon ertragen (etwa 0,30 Euro), guten Essen für 20 Yuan (2,35 Euro) auch.

Re: China

Verfasst: Sa 19. Mai 2012, 00:11
von xiaoqiao
TomChina hat geschrieben: 2,5 Yuan für 0,5 Ltr Bier in der Kneipe kann man schon ertragen (etwa 0,30 Euro), guten Essen für 20 Yuan (2,35 Euro) auch.
Vor 10 Jahren hat alles noch 1 Yuan gekostet. Inflation umd 2000% in 10 Jahren.